Politik
In der intensiven Kostendämpfungsdebatte hat das Parlament zum Thema Kostensteuerung Entscheide gefällt, welche für die Ärzteschaft insgesamt nicht von Nachteil sind. Im epischen Genehmigungsverfahren für den neuen Einzelleistungstarif TARDOC hat der Bundesrat den Tarifpartnern eine Zusatzrunde verordnet.
Kostendämpfungspaket 1b
Das Parlament hat das Kostendämpfungspaket 1b verabschiedet. Die für die Ärzteschaft wichtigste Neuerung ist die Bestimmung über die Überwachung der Kosten. Das Monitoring umfasst die mengenmässige Entwicklung der Leistungen und die Entwicklung der abgerechneten Kosten oder Volumen. Die Tarifpartner müssen ausserdem allfällige Korrekturregeln vorsehen. Der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrates sah subsidiäre Kompetenzen der Behörden für den Fall vor, dass sich die Tarifpartner nicht einigen können. Es gelang jedoch, diese Bestimmung zu streichen. Das Parlament würdigte das Argument, dass den Behörden ein zu grosser Ermessensspielraum gewährt worden und damit Risiken für die Patientenversorgung verbunden gewesen wären. Die Ärzteschaft hatte sich zunächst für die ersatzlose Streichung der neuen Bestimmung eingesetzt. Als sich dieses Unterfangen als aussichtslos erwies, gelang es in der ständerätlichen Gesundheitskommission, die Weichen für einen Artikel 47c zu stellen, der das Kostenmonitoring und die Korrekturregeln in der alleinigen Kompetenz der Tarifpartner belässt.
Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative
Nach der Beratung des Gegenvorschlags zur Kostenbremse-Initiative im vergangenen Jahr ist noch offen, wie sich die gesetzlichen Bestimmungen über die Kostensteuerung schliesslich präsentieren werden. Der Nationalrat hat sich in der ersten Beratung knapp (94:91 Stimmen) für Kostenziele entschieden, Korrekturmassnahmen beim Überschreiten der Kostenziele aber abgelehnt. Dem bundesrätlichen Projekt einer zentralen Kostensteuerung via detaillierte Instruktionen an die Kantone wurde damit eine Absage erteilt. Offen ist der Ausgang der Debatte über die vom Bundesrat ebenfalls angestrebten zusätzlichen subsidiären Kompetenzen für Tarifeingriffe. Der Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative wird vom Parlament 2023 verabschiedet werden. Die Kostenbremse-Initiative selbst findet im Parlament keine Unterstützung. Sie wird als Risiko für die gute medizinische Versorgung eingestuft.
Kostendämpfungspaket 2
Das Parlament hat eine weitere KVG-Revision gestartet. Die Kommission des Nationalrates ist auf das zweite Kostendämpfungspaket eingetreten, hat aber angesichts der kritischen Stellungnahmen der Akteure die Beratung sistiert. Die beiden wichtigsten Massnahmen des zweiten Pakets sind die Förderung des Versorgungsmodells «Netzwerke zur koordinierten Versorgung» und die Verankerung von Preismodellen insbesondere für teure medikamentöse Therapien auf Gesetzesebene. Die Verwaltung wurde von der Kommission aufgefordert, mit den Akteuren des Gesundheitswesens eine mehrheitsfähige Lösung auszuarbeiten.
Tarifrevision
Im Berichtsjahr hat der Bundesrat die Version 1.3 von TARDOC nicht genehmigt und die Tarifpartner aufgefordert, ihm im Rahmen der neuen Tariforganisation bis spätestens Ende 2023 eine Version von TARDOC zur Genehmigung zu unterbreiten, welche die von ihm genannten Bedingungen erfüllt. Der Bundesrat nannte – als Voraussetzung für einen positiven Genehmigungsentscheid – das Aufzeigen der Einhaltung der Kostenneutralität, das Vorliegen einer Vereinbarung über das TARDOC-Monitoring sowie die Erarbeitung eines Konzepts zur Behebung der Mängel gemäss Prüfbericht des BAG. Darüber hinaus fordert der Bundesrat von den Tarifpartnern die Entwicklung der ambulanten ärztlichen Pauschalen und der Einreichung zur Genehmigung im Rahmen der neuen Tariforganisation. Die Organisation ambulante Arzttarife wurde im November von den Tarifpartnern als OAAT AG gegründet. Die Tarifpartner einigten sich gleichzeitig auf eine Vereinbarung über das Vorgehen zur Einreichung der beiden Tarifwerke im Jahr 2023.
EFAS
Die Finanzierungsreform EFAS ist 2022 einen Schritt weitergekommen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat EFAS grundsätzlich grünes Licht gegeben. Krankenkassen und Kantone sollen künftig die von der Grundversicherung gedeckten ambulanten und stationären Behandlungen gemeinsam bezahlen. Der Ständerat will zudem auch die Langzeitpflege in die einheitliche Finanzierung einbeziehen. Heute werden ambulante Behandlungen allein von den Krankenkassen bezahlt. Stationäre Leistungen werden zu mindestens 55 Prozent von den Kantonen finanziert. Den Rest bezahlen die Kassen. Künftig sollen die Kantone für mindestens 26,9 Prozent und die Krankenversicherer, über die Prämien, höchstens für 73,1 Prozent der ambulanten und stationären Leistungen aufkommen müssen. Die anspruchsvolle Reform ist noch nicht definitiv beschlossen. Die Modalitäten des Einbezugs der Pflege werden noch einmal zu reden geben. Von EFAS erhofft man sich Kosteneinsparungen ohne Beeinträchtigung der medizinischen Versorgung.